Organisiert von der Bürgerhilfe Biebertal sprach die Rodheimer Apothekerin Ina Helbing am 1. Oktober im Gemeindehaus der evangelischen Kirche in Krumbach über Frühsymptome der Demenz. Dabei betonte sie vor allem die beidseitige „Blindheit“* bei diesem Thema, zu dem unbedingt hingeschaut werden müsste.
(z.B. läuft im Oktober 2024 in der VHS in Lich eine Ausstellung zum Thema!)
* „Beidseitige Blindheit“ meint hier zum einen das oft schamvolle Verstecken und Herunterspielen der eigenen Defizite, der Vergesslichkeit, des Nichtverstehens, das z.B. als Schwerhörigkeit abgetan wird, oder die Orientierungsschwierigkeiten von Betroffenen und zum anderen das nicht wahrnehmen oder nicht wahrhaben wollen dieser Erkrankung im Umfeld der Erkrankten.
Am Anfang der Demenz sind häufig das Kurzzeitgedächtnis und die Merkfähigkeit gestört, während man sich über „alte Inhalte“, über früh Gelerntes und Erlebtes, oft sehr gut unterhalten kann. Auch früh oder viel geübte Fähigkeiten, wie z.B. Sticken, Lieder singen, Gedichte aufsagen oder Kreuzworträtseln, können oft verblüffend gut funktionieren.
Man sollte sich aber nicht täuschen lassen: Häufige Reaktionen, um dem Anerkennen der Defizite zu entgehen, sind sozialer Rückzug (zum Teil mit depressiven Episoden), kreative Umgehungslösungen oder aber auch aggressives Verhalten – das von Außenstehenden unbedingt als Reaktion auf die innere Not zu verstehen ist oder auf Wesensveränderungen durch Fehlfunktionen im geschädigten Gehirn zurückzuführen ist. Es ist nicht persönlich zu nehmen! Denn in den meisten Fällen liegen neurodegenerative Erkrankungen und/oder Durchblutungsstörungen des Gehirns zugrunde. Zu den selteneren Ursachen für eine Demenz zählen zum Beispiel Stoffwechselerkrankungen, Medikamente, Wasser- oder Vitaminmangelzustände.
Es gilt sich immer wieder bewusst zu machen: Es ist hier selten geplant böswilliges Verhalten (wobei es das natürlich auch gibt); die Erkrankten können nicht anders, sie wissen es nicht anders oder haben vieles rasch wieder vergessen! Wiederholungen sind keine Seltenheit – und sollten vom Zuhörer immer wieder freundlich angenommen werden. Es nutzt nichts, dagegen zu reden oder zu erinnern; da ja gerade die Erinnerung, die Merkfähigkeit für kürzlich Erzähltes oder Getanes fehlt.
Für Pflegende ist das, wie nörgelndes Beschimpftwerden, schwer auszuhalten, nichts kann man richtig machen, „alles“ wird aggressiv abgewehrt; aber letztlich beschreibt dieses Verhalten lediglich den inneren Zustand der Betroffenen, die ja spüren, dass sie nicht mehr „richtig“ funktionieren. Erschwerend kommt dann oft hinzu, dass das im Alter gezeigte Bild der geliebten oder bekannten Person den eigenen frühen Erfahrungen mit dieser nun bedürftigen Person nicht mehr entspricht.
Professionelle Hilfe ist da unbedingt anzuraten! – für beide Seiten!
In Deutschland leiden etwa 1,2 Millionen – bald 3 Millionen – Menschen an einer Demenz.
Pflegende Angehörige, oft berufstätig und noch mit ihren Kindern beschäftigt, meist ohne Unterstützung einer Großfamilie, kommen bald an ihre Belastungsgrenzen, werden selbst krank, so dass das krankheitsbedingte „nicht mehr können“ das bislang ausgebliebene STOP und Nein unabdingbar macht.
Ein weiteres Problem: In den Pflegeeinrichtungen wird dem erhöhten Arbeitsaufwand mit dementen Patient/innen im Personalschlüssel keinerlei Rechnung getragen. Hinzu kommen der allgemeine Personalmangel, die demographische Entwicklung von immer weniger jungen Menschen bei steigender Zahl Älterer und – last but not least – die fehlende Anerkennung dieser mental wie körperlich schweren Arbeit 24/7 mit Schicht- und Wochenenddiensten. Hier bedarf es flexibler Arbeitsmodelle, positiver Bilder vom Arbeitsalltag, wie auch Freizeitausgleichsmöglichkeiten, und Wertschätzung, so dass diese Berufe attraktiver werden.
Die Tagesschau berichtete in einem Interview mit Professor Lars Timmermann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und Direktor an der Klinik für Neurologie an der Uniklinik in Marburg, am 01.12.2023: „Es ist wichtig, Demenz früh zu erkennen“ über die neuen Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung der Demenz.
Orientierend können Sie sich einem Selbsttest unterziehen. Sinnvoll ist es allerdings, einen neurologischen Facharzt oder eine Gedächtnissprechstunde aufzusuchen – wofür oft eine Überweisung vom Hausarzt notwendig ist. Sprechen Sie also unbedingt mit Ihrer/Ihrem Hausärztin oder Hausarzt.
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